Linnéa Findeklee ist Kolumnistin des MERANER MORGEN
Linnéa Findeklee ist Kolumnistin des MERANER MORGEN
Nirgends auf der Welt liegt die Impfquote höher als in Israel. In Corona-Zeiten kann man Israel besonders um das entschlossene Handeln ihres Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu beneiden. Als Pfizer seinen Corona-Impfstoff freigab, bestellte Israel konsequent und ohne lange zu zögern.

Die Europäische Union dagegen, bestellte so zögerlich, dass in vielen EU-Ländern wegen mangelnder Impfdosen mittlerweile die Impfkampagne weitestgehend runtergefahren wurde. Aber Kopf hoch! Wir haben ja Angela Merkel und ihre einlullenden, tröstenden Worte:

„Ich glaube, dass im Großen und Ganzen (bei den Impfstoff-Bestellungen) nichts schief gelaufen ist.“

Einfach nicht zugeben, dass man auf EU-Ebene verpennt hat, genug Impfstoff zu beschaffen. Vielleicht merkt es der deutsche Michel nicht. Man sollte sich auch im Hinterkopf behalten, dass die souveränen Staaten der Europäischen Union sich nicht selber um ihre Impfstoffbeschaffung gekümmert haben. Stadtessen übernimmt das die EU. Alles andere wäre ja auch böser „Impfnationalismus“ und „Verrat“ an der europäischen Einigkeit.

Durch die Bestellung des Corona-Impfstoffs auf EU-Ebene, ist „Impfnationalismus“ vom Tisch. Den Kommentar, dass das Vorgehen an „Impfsozialismus“ grenzt, wollen wir uns mal verkneifen. Ich glaube, das war nicht der Gründungsgedanke der Europäischen Union.

In Israel liegen die Probleme unseres europaweiten Bürokratie-Riesen in weiter Ferne. Kurz vor Neujahr 2021 sagte Israels Premier Benjamin Netanjahu: “In einem Monat werden wir alle Bürger über 60 und medizinisches Personal impfen. Wenn wir das geschafft haben, können wir nach weiteren 30 Tagen das Virus hinter uns lassen, die Wirtschaft öffnen und Dinge tun, die kein anderes Land tun kann."

Er hat nicht zu wenig versprochen. Über 50% der israelischen Bevölkerung haben mittlerweile Erstimpfung erhalten, fast 40% Erst- und Zweitimpfung. Die Israelis freuen sich über fortschreitende Corona-Lockerungen, die Wirtschaft wird wieder angekurbelt und in das gesellschaftliche Leben kehrt die lang ersehnte Normalität.

Setzen wir die fortschrittliche Forschungs- und Industrienation Deutschland in den Kontrast:

2,37% Erst- und Zweitimpfungen wurden verabreicht. Immerhin knapp über 4% der Bevölkerung haben die Erstimpfung erreicht. Unsere Wirtschaft ist dank den Corona-Maßnahmen in Schockstarre, tausende wirtschaftliche Existenzen werden täglich zerstört und Millionen Deutsche leiden unter Isolation und fehlendem menschlichem Kontakt.

Dabei ist es nicht so, als hätten wir in Deutschland nicht die Möglichkeit es besser zu machen. Deutschland hat die Expertise, das Geld, die Mittel und das geschulte Personal, um unser Impfkampagne effizienter und wirkungsvoller aufzustellen und die Impfquote zu erhöhen. Über zwei Millionen Impfdosen liegen gelagert in den Kühlschränken deutscher Impfzentren bereit.

Wie kann das sein, dass in dem Land, indem mehrere der lang ersehnten Corona-Impfstoffe entwickelt wurden, bei den Impfungen der eigenen Bevölkerung (und damit ihrem Schutz) so dermaßen versagt?

In Israel läuft die landesweite Impfkampagne dagegen munter weiter. Sogar dortige Ikea-Tempel bieten kostenfreie Impfungen an. Oder man lebt in Tel Aviv und geht in die nächste Bar, um sich dort impfen zu lassen. Da bekommt man dann sogar einen kostenlosen Drink mit dazu. Aber nur alkoholfrei!

Benjamin Netanjahu wurde vor allem von deutschen Medien so oft und so gerne niedergeschrieben. Wenn’s aber drauf ankommt, dann ist er wieder voll da.

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