Armin Laschet ist der neue Vorsitzende der CDU, der traditionell stärksten politischen Kraft in Deutschland. Linnéa Findeklee ist Kolumnistin des MERANER MORGEN. (Quelle: MERANER MORGEN)
Armin Laschet ist der neue Vorsitzende der CDU, der traditionell stärksten politischen Kraft in Deutschland. Linnéa Findeklee ist Kolumnistin des MERANER MORGEN. (Quelle: MERANER MORGEN)

Düsseldorf – In Deutschland steht 2021 ein Superwahljahr an. Der neue CDU-Parteichef Armin Laschet (Jahrgang 1961) hat sich den Auftakt der Wahlgänge aber sicher ganz anders vorgestellt. Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hat seine Partei jeweils ihr historisch schlechtestes Ergebnis erzielt. In Baden-Württemberg konnten die Grünen auf 32,6 Prozent zulegen, während die CDU auf 24,1 Prozent absackte. In Rheinland-Pfalz wurde die SPD mit 35,7 Prozent stärkste Partei, und die CDU rutschte auf 27,7 Prozent ab.

Der aufsehenerregende Einbruch der Union beschäftigt auch die europäische Presse, die den beiden Urnengängen nationale Bedeutung beimisst. Bei der CDU müssten jetzt alle Alarmglocken schrillen, meint beispielsweise der Deutschland-Korrespondent der britischen BBC. Damien McGuinness analysiert: „Die Ergebnisse sind für die CDU noch schlechter als erwartet. Dafür verantwortlich gemacht wird ihre Politik zur Bewältigung der Pandemie. Steigende Infektionszahlen und die schleppende Impfkampagne haben die Stimmung im Land getrübt. Und es herrscht Wut, weil einige konservative Abgeordnete bei Regierungsgeschäften zur Beschaffung von Masken riesige Provisionen verdient haben. Angela Merkel selbst ist immer noch beliebt. Doch es sind nur noch sechs Monate bis zum Ende ihrer letzten Amtszeit, und diese Wahlergebnisse sind kein gutes Omen für die Chancen ihrer Partei bei der Bundestagswahl.“

In der Tat signalisieren sämtliche Umfragen, dass die Zustimmung zur Union auch auf Bundesebene deutlich sinkt. Am 15. März dürfte der aktuelle Insa-Meinungstrend für Sorgenfalten bei Unionspolitikern gesorgt haben. Demnach liegen CDU und CSU deutschlandweit nur noch bei 29,5 Prozent und fallen erstmals seit einem Jahr unter die psychologisch wichtige 30-Prozent-Marke. Die Linke verliert einen Punkt und kommt auf acht Prozent. SPD und Grüne halten ihre jeweils 17 Prozent aus der Vorwoche. Auch AfD und FDP bleiben mit 11,5 beziehungsweise 10,5 Prozent stabil. Die Sonstigen kommen zusammen auf 6,5 Prozent. Insa-Chef Hermann Binkert resümiert: „Das Wahljahr 2021 wird spannend. Die CDU/CSU profitierte von der großen Zustimmung der Bürger zum Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung. Inzwischen überwiegt die Ablehnung, und die Corona-Pandemie könnte zum Bumerang werden.“

Sind die historisch schlechten Wahlergebnisse in den früheren CDU-Hochburgen im Südwesten nur auf die Maskenaffäre und die zunehmende Kritik am Corona-Management auf Bundesebene zurückzuführen? Oder wissen die Wähler am Ende der langen Kanzlerschaft Angela Merkels gar nicht mehr, wofür die CDU – auch in Abgrenzung zu Grünen und Sozialdemokraten – programmatisch steht? Viele Leitmedien wähnen Armin Laschet, der seit nicht einmal acht Wochen Parteivorsitzender ist, im Krisenmodus. In einer ersten Reaktion bezeichnete er die CDU-Ergebnisse bei den Landtagswahlen als sehr enttäuschend und sieht vor allem die Bundesregierung in der Pflicht, verlorenes Vertrauen im Umgang mit der Corona-Krise zurückzugewinnen. Die Menschen erwarteten in der Pandemie, „dass hier das Gemeinwohl, die Arbeit für Menschen im Land im Vordergrund steht und nicht parteipolitische Sperenzchen“, so Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident. Seine Forderung nach guter Arbeit gelte „für alle Minister und Ministerinnen“. Er spielt damit auf Pannen bei Impfungen, Corona-Tests und Abschlagszahlungen an. Geht es nach dem Chef der schwarz-gelben Landesregierung in Düsseldorf, werden schon zeitnah die Vorbereitungen für die Bundestagswahl vorangetrieben. Der Prozess zur Erarbeitung eines Wahlprogramms beginne Ende März in einem „offenen Diskussionsprozess“. Die Wahlergebnisse seien für die Christdemokraten ein Weckruf, und dieser „Weckruf ist jetzt die Erwartung, die CDU muss klar sagen, wo sie hin will“, unterstrich der frühere Journalist, der am 18. Februar 1961 geboren wurde.„Unsere volle Konzentration liegt jetzt darauf, unser Land gut durch und aus der Corona-Krise zu bringen. Wir arbeiten gemeinsam mit aller Kraft dafür, Deutschland mit Schwung in die Zukunft zu führen und dabei die Erfahrungen aus der Krise zu nutzen“, betonte der 60-Jährige. Die CDU solle die Chance zum Neustart nach der Krise nutzen, „damit die 20er-Jahre ein Modernisierungsjahrzehnt werden“. Laschet legt sein Augenmerk nach eigenem Bekunden auf erfolgreiche Unternehmen, sichere Arbeitsplätze, Klimaschutz, Digitalisierung, Bildungsaufstieg und europäischen Zusammenhalt. Das müsse man mit den ökologischen Fragen der Zeit verbinden. Ziel sei, „den Klimawandel zu bekämpfen und trotzdem Industrieland zu bleiben“.

Am Tag nach dem Wahldebakel machte Laschet klar, dass ihn nicht nur die Zukunft seiner Partei und die Bekämpfung der Corona-Pandemie umtreibt. Auf seiner Facebook-Seite warb er für die „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ vom 15. bis zum 28. März 2021. Dazu formulierte der mögliche Unions-Kanzlerkandidat: „Auch wenn andere Themen im Moment im Vordergrund stehen: Für mich sind die ‚Internationalen Wochen gegen Rassismus‘ wichtig. Auch in diesem Jahr haben viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer in ganz Deutschland Aktionen und Veranstaltungen unter dem Motto ‚Solidarität. Grenzenlos‘ vorbereitet.“ Corona mache den Kampf gegen Rassismus nicht unmöglich und auch nicht weniger dringend. Im Gegenteil: Rassismus vermische sich mit Corona-Demonstrationen. „Da müssen wir gegenhalten.“

Stichwort Kanzlerkandidatur: Immer mehr Politikexperten raten der Union zu einer schnellen Klärung, wer sie als Spitzenkandidat in den Kampf um das Bundeskanzleramt führen soll. Zu diesen Analysten gehört Uwe Jun, dessen Forschungsschwerpunkte das deutsche Parteiensystem und die politische Kommunikation sind. Der Professor für Politikwissenschaft an der Universität Trier sagte jetzt: „Nur kommt dieses Mal die Besonderheit dazu, dass die CDU dieses Mal ohne den Amtsinhaberbonus in das Rennen geht, weil Angela Merkel nicht mehr antritt. Allein deswegen könnte es von Vorteil sein, die Kanzlerkandidatenfrage möglichst bald zu klären. Der neue Parteivorsitzende Armin Laschet steht hier in der Verantwortung.“

Sollte die Wahl auf den gebürtigen Aachener fallen, muss er die Schwesterparteien zusammenhalten und als innerparteilicher Konsensstifter in Erscheinung treten, weil nur parteipolitische Einigkeit Wahlerfolge verspricht. Diese Rolle als konsensorientierter Brückenbauer liegt dem Vater dreier Kinder. Ende Januar betonte er in seiner Bewerbungsrede für den Parteivorsitz genau das: „Die CDU und das Deutschland, das ich vor Augen habe, braucht keinen CEO, keinen Vorstandsvorsitzenden, sondern einen Mannschaftskapitän, der führt und zusammenführt. Und eine Mannschaft, in der sich alle auf einander verlassen können, wie 1.000 Meter unter der Erde. Und dann ist es auch nicht mehr wichtig, ob wir aus der Mittelstandsunion oder der CDA, aus der Jungen Union oder der Senioren-Union, aus großen Städten oder ländlichen Räumen kommen. Dann ist unsere Vielfalt unsere Stärke.“ So habe er das immer schon gesehen – als Kreisvorsitzender, als Landesvorsitzender, als Ministerpräsident und als Wahlkämpfer: „Immer alle an Bord, jeder kann groß sein, jeder kann glänzen.“

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