So viel Urlaub wie man möchte. Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein, ist aber bei einigen Unternehmen Realität. Viele Firmen krempeln derzeit ihre Unternehmen nach dem Vorbild aus New York um und gewähren den eigenen Mitarbeitern die freie Wahl über Urlaub und Arbeit. Der Trend ist schon lange nicht nur auf den amerikanischen Arbeitsmarkt beschränkt. Mit unbegrenzten Urlaubstagen bei vollem Gehalt versuchen auch dutzende deutsche Firmen Mitarbeiter zu gewinnen.

Unbegrenzt Urlaub auch in Deutschland

Insgesamt warben 130 Arbeitgeber im Jahr 2018 in Deutschland mit Stellenanzeigen, die unbegrenzte Urlaubstage beinhalteten. Das ergab eine Untersuchung der Jobplattform Joblift. Am Strand unter den Palmen liegen während jeden Monat das Geld auf das Konto wandert. Das klingt traumhaft, doch tatsächlich häuft sich auch die Kritik an diesem System. Während Unternehmen wie Pinterest, Dropbox und Netfix zu einem der ersten Firmen mit frei verfügbarem Urlaub gehörten, wenden sich die ersten Chefs schon wieder vom Konzept ab. Der Grund: Viele Mitarbeiter nehmen nach dieser Regelung keinen Urlaub mehr. Das führt dazu, dass einige Unternehmen bereits Boni anbieten, damit sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mindestens eine Woche freinehmen. Häufig sind Mitarbeiter verunsichert, wie viele Tage Urlaub angemessen sind.

Fester Anspruch ist gesetzlich geregelt

Anders als in Amerika gibt es in Deutschland einen festen Anspruch auf Urlaubstage. Das ist gesetzlich geregelt. Wer an sechs Tagen in der Woche arbeitet, kann mit mindestens 24 Urlaubstagen im Jahr rechnen. Bei einer Viertagewoche stehen deutschen Arbeitnehmer 16, bei einer Fünftagewoche 20 Urlaubstage zu. Firmen, die das Konzept mit dem unbegrenzten Urlaub eingeführt haben müssen also darauf achten, dass jeder den Urlaub nimmt, der gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Länge, die Arbeitnehmer in Anspruch nehmen variiere dabei stark. Das berichten verschiedene Chef von Unternehmen mit frei einzuteilender Urlaubszeit. Während sich die einen 25 Tage im Jahr freinehmen, bleiben andere 40 Tage im Jahr Zuhause.

Dieses bayerische Unternehmen hat damit Erfahrung

Erfahrungen mit diesem Konzept hat die Münchner Werbe- und PR-Agentur „Serviceplan“. Schon seit über 20 Jahren bietet sie ihren rund 2660 Mitarbeitern unbegrenzte Urlaubstage. Zuvor richtete sich die Menge an Urlaubstagen nach der Zeit, in der ein Mitarbeiter schon im Unternehmen tätig ist. Weil das allerdings zu einem großen Aufwand an Bürokratie sorgte und auch Reibereien untereinander die Folge waren, entschieden sich die Chefs für das New Yorker Modell. Im Schnitt nehmen sich die Mitarbeiter der bayerischen Firma 29 Tage im Jahr Urlaub – und damit nicht viel mehr als gesetzlich zugesprochen.

Alles nur eine haltlose Verlockung?

Woran liegt das? Existiert die verlockende Vereinbarung mit dem Urlaub also nur auf dem Papier? Das werden einige Arbeitgeberportale den Chefs zumindest vor. Die Unternehmen, die dieses Konzept anbieten, weisen die Vorwürfe zurück, sollte es einmal ein Problem geben, weil der Chef etwa den Urlaub nicht genehmigt, werde die Personalverwaltung einspringen. Dann lasse sich ein weg finden. Für viele Mitarbeiter ist es allein die Gewissheit, die einem guttut. Wenn der Stress groß ist und dann noch eine Belastung in der Familie dazukommt, sind oft psychische Probleme die Folge. Die Tatsache, genau zu wissen, dass man am nächsten Tag Urlaub nehmen könnte, trage zur Entspannung bei, berichten Mitarbeiter in den Urlaubs-toleranten Unternehmen immer wieder.

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