Meran – Standseilbahnen sind schienengebundene Verkehrsmittel, die durch Drahtseile bewegt werden und deshalb auf kurzen Strecken beträchtliche Höhenunterschiede überwinden können. Sie eignen sich damit besonders für Bergstrecken in Tirol. Wegen ihrer Schienen werden Standseilbahnen oft mit Eisen- oder Zahnradbahnen verwechselt, obwohl sie gar keinen Triebwagen haben und von einem Drahtseil gezogen werden. Ihre Tragefunktion übernehmen Schienen, während die Fahrzeuge durch ein Zugseil bewegt werden. Die Seilführung auf der Strecke erfolgt durch ins Gleisbett eingelassene Rollen. Dadurch sind Standseilbahnen in der Lage, viel stärkere Steigungen zu überwinden als jedes andere schienengebundene Verkehrssystem. In der Regel werden Standseilbahnen für einen Pendelbetrieb mit zwei Wagen genutzt. Die Bahnsteige an den Stationen sind wegen des Gefälles meist nur über Stufen zu erreichen. Heute gibt es unterschiedliche Varianten von Standseilbahnen, die teils für den Wintersport konzipiert sind, vor allem aber als urbane Nahverkehrsmittel zum Einsatz kommen.

Seit vielen Jahren wird über eine Standseilbahn für die Strecke Meran – Schenna – Dorf Tirol diskutiert und auch gestritten. Seinen Anfang nahm das Projekt bereits in den 1990er-Jahren und fand Eingang in den übergemeindlichen Mobilitätsplan der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt, der im Jahr 2015 an die Gemeinden übergeben wurde. Die Bezirksgemeinschaft setzt sich für die Interessen der zugehörigen 26 Gemeinden ein und koordiniert diverse Entwicklungsmaßnahmen in der außerhalb Merans fast durchgehend deutschsprachigen Region. Als Meilenstein gilt die im Jahr 2016 veröffentlichte Machbarkeitsstudie der zuständigen Bezirksgemeinschaft, die die Notwendigkeit einer straßenunabhängigen Mobilität nach Schenna und Dorf Tirol unterstreicht. Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit den drei Gemeinden Meran, Schenna und Dorf Tirol erstellt und lieferte die Grundlage für die ÖPP-Projektentwürfe zweier renommierter Seilbahnbauer. Zahlreiche Studien belegen mit viel Faktenmaterial den Bedarf an einer straßenfreien Anbindung der drei Gemeinden. Experten erwarten künftig nicht nur für sie, sondern das ganze Burggrafenamt einen beträchtlichen Mehrwert. Besonders für Schenna sieht die Bezirksgemeinschaft einen enormen Nutzen. Obwohl eine private Meraner Initiative das Projekt kritisch bewertet, weisen alle wissenschaftlichen Daten auf die Vorteile auch für die Stadtgemeinde Meran hin. Dabei geht es vor allem um die Entlastung des straßengebundenen Verkehrs und somit um einen Aspekt des Klimaschutzes. Mit einem Einsparpotenzial von 26 Prozent des Pkw-Verkehrs von und nach Schenna sowie einer Reduktionsmöglichkeit auf rund 300 Busse – derzeit sind 340 im Einsatz – bringt die Standseilbahn für Meran eine spürbare Verkehrsentlastung. Die Projektplanung wird gerade weiter optimiert. Deshalb können sich diese Zahlen noch ändern.

Um die Bürger detailliert über alle Planungen und Teilschritte zu informieren und ihre Anregungen zu sammeln, führten das Land, die STA Südtiroler Transportstrukturen AG und die drei Gemeinden Mitte Februar 2023 einen Informationstag durch. Techniker erläuterten den mehr als 350 Interessierten das aktuelle Mobilitätskonzept für den Großraum Meran, Schenna, Dorf Tirol und betonten, dass die Standseilbahn ein wesentlicher Baustein des gesamten Mobilitätsmanagements für mehr ökologische Nachhaltigkeit ist. Zur Sprache kamen überdies die aktuellen Verkehrszahlen und die allgemeine Verkehrsprognose. Erklärtes Ziel ist es, in Meran und Umgebung den Pkw-Verkehr zugunsten besser vernetzter öffentlicher Verkehrsmittel zu reduzieren. Der Verkehr mit den „Öffis“ soll von 22 Prozent auf 42 Prozent zunehmen. Nach den Berechnungen der Techniker kann die geplante Standseilbahn täglich 6.700 Menschen und das besser vernetzte Bussystem 9.000 Personen pro Tag transportieren. „Wir haben das sehr technische Verkehrskonzept im Detail erklärt, Analysen wiedergegeben und das aktuelle Mobilitätsvorhaben erläutert. Dies gelang sehr gut, vor allem im Gespräch mit Einzelpersonen und kleinen Gruppen“, freute sich Mobilitätsressortdirektor Martin Vallazza.

Die Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt beklagt, dass die Standseilbahn in den Medien häufig als isolierte Maßnahme dargestellt wird, obwohl sie doch Teil eines Gesamtkonzeptes ist. Das Projekt sehe eine passgenaue Einbindung der neuen Bahn in das bestehende Busnetz vor, das gleichzeitig effizienzsteigernd verbessert werde. Es sei auch nicht in Stein gemeißelt, dass mit der Standseilbahn der Meraner Hauptbahnhof direkt angesteuert wird. Kritikpunkten an der Kommunikation zum Projektstatus wird inzwischen mit einer Informations- und Transparenzinitiative begegnet. Die Internetseite www.standseilbahn-funicolare.it liefert Antworten auf die meistgestellten Fragen zum Thema. Zeitnah sollen mittels Rendering außerdem anschauliche und aussagekräftige Bilder zum ganzen Projekt vorliegen.

Nach Überzeugung der involvierten Bürgermeister ist eine straßenunabhängige Verbindung zwischen Meran, Schenna und Dorf Tirol aus mobilitätstechnischen Gründen unumgänglich. Sie verweisen auf täglich 2.800 Bewegungen zwischen Schenna und Meran und den deutlichen Entlastungseffekt der Standseilbahn auch für Meran, sollten alle Begleitmaßnahmen zielstrebig umgesetzt werden. Interessant ist der Vergleich mit den Nutzerzahlen der Seilbahn Burgstall – Vöran. Sie transportierte im Jahr 2017 durchschnittlich 385 Personen pro Tag und damit weit weniger als es die Meraner Standseilbahn würde. Reinhard Bauer, Referent für Mobilität der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt, resümiert: „Die Vorteile überwiegen nicht nur in Meran, sondern sind auch, neben Schenna und Dorf Tirol, für das Passeiertal spürbar. Durch die Mittelstation in der Tiroler Handwerkerzone verfügt auch das Passeiertal über eine straßenunabhängige Anbindung in das Meraner Zentrum und an den Meraner Stadtbahnhof. So wird in Meran kein zusätzlicher Verkehr verursacht.“ Mit dem künftigen Ausbau der Bahnlinie Meran – Bozen werde das Burggrafenamt nachhaltig und klug vernetzt. Bauer versprach, dass für die Projektfortführung der ehrliche Dialog mit den Anrainern und Grundbesitzern aufrechterhalten wird. „Der gegenwärtige partizipative Prozess ist ebenso Ausdruck einer politischen Wertschätzung, da so der Bevölkerung auch die wichtige Mündigkeit vermittelt wird“, formulierte der Mobilitätsreferent. Die Standseilbahn Meran – Schenna – Dorf Tirol soll unbedingt kommen.

x