Ein Paukenschlag in Österreich. Das gesetzliche Verbot der Hilfestellung zur Selbsttötung stellt einen Verstoß auf das Recht der Selbstbestimmung dar. So urteilte das Verfassungsgericht kürzlich in Wien. Es vertrage sich nicht mit der Verfassung, jemandem jede Hilfe des Suizides ohne Ausnahme zu verwehren. Damit haben die Verfassungsrichter das Sterbehilfe-Verbot in Österreich aufgehoben. Die katholischen Bischöfe bezeichneten das Urteil als Dammbruch.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Regierung Österreichs hat jetzt bis zum 1. Januar 2022 Zeit, die Sterbehilfe im Land gesetzlich neu zu regeln. Auch wenn die Politiker die Regelung gerne so belassen hätten, kam es zu immer mehr Klagen. Darunter befanden sich auch zwei Schwerkranke, denen das Recht auf ein Ableben verweigert wurde. Noch könnte die Beihilfe zum Suizid mit einer Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Verschiedene Sterbehilfeorganisationen und Menschenrechtsvereine begrüßten die Entscheidung des Verfassungsgerichtes. Das Land ziehe damit im internationalen Vergleich endlich nach. Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Sterbehilfe für Ärzte bereits in Ländern wie den Niederlanden, Luxemburg und Belgien möglich

Kritik kommt von den Kirchen

Bei den Kirchen Österreichs sorgte das Urteil der Verfassungsrichter vor allem für Bestürzung. Es handle sich um einen Dammbruch, der dazu führen wird, dass immer mehr kranke und alte Menschen den Druck verspüren vom Suizid gebrauch zu machen, sagte Salzburgs Erzbischof Franz Lackner. Die Kirchen stehen schon seit Jahren entschieden an der Spitze der Sterbehilfegegner. Für sie sei es aus ethischen und religiösen Gründen abzulehnen, dass der Mensch selbst Gott spiele. Allein dieser dürfe über Leben und Tod entscheiden. Mit ihrer Haltung stoßen die Kirchen zunehmend auf Kritik aus der Bevölkerung.

Schutz vor Missbrauch der Sterbehilfe

Die Verfassungsministerin Edstadler nahm das Urteil eher gelassen hin. Die Politikerin der ÖVP sagte, man werden weiterhin großen Wert darauf legen, dass niemand sein Leben infrage stellt. Deshalb prüfe man nun, welche gesetzlich geregelten Schutzmaßnahmen notwendig sind. Bereits in Deutschland sprach sich das Bundesverfassungsgericht Anfang 2020 nach einer Klage von Schwerkranken dafür aus, Sterbehilfe durch Ärzte in besonderen Fällen zu legalisieren.

Das ist der Unterschied zwischen passiver und aktiver Sterbehilfe

Bei der aktiven Sterbehilfe äußert der Patient die konkrete Absicht, aus dem Leben zu scheiden. Dabei wird dem Patienten direkt von einem Arzt oder einem Dritten ein tödliches Medikament verabreicht. Diese Form der Sterbehilfe ist in vielen Ländern verboten. Bei der passiven Form handelt es sich allerdings um eine erlaubte Methode. Dabei äußert der Patient etwa den Wunsch, dass die lebensverlängernden Maßnahmen aufgegeben werden. Weil die Grenzen allerdings fließend sind und sich viele Ärzte angesichts der hohen Strafen unsicher sind, bedeutet das für die Betroffenen oft ein langer Leidensweg mit vielen Schmerzen. Auch deshalb begrüßen zahlreiche Verbände das Urteil des Verfassungsgerichts in Österreich. Damit könnte nun erstmals Klarheit geschaffen werden und schwerkranken Menschen der Wunsch nach einem Ableben erleichtert werden. Wegen unsicherer Gesetze und dem Verbot von Sterbehilfe begaben sich in den vergangenen Jahren viele Menschen in die Schweiz. Dort ist die Sterbehilfe erlaubt. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich in den letzten Jahrzehnten ein regelrechter Sterbehilfe-Tourismus in das Nachbarland.

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