Baar – Wegen der historisch niedrigen Zinsen ist vielen Anlegern die Lust am Sparen vergangen. Von der Zinsflaute profitierten in den letzten Jahren vor allem Sachwertinvestments, die Krisenfestigkeit mit Renditesicherheit verbinden. An erster Stelle sind natürlich Immobilienanlagen zu nennen. Aber nicht nur in „Betongold“ wurde viel Geld investiert, sondern auch in werthaltige Kunstwerke, Edelmetalle, Schmuck, Uhren, Oldtimer und antike Möbel. Vermögensaufbau geschieht zunehmend über Sach- statt Geldwerte. Klassische Geldwerte sind Bargeld, Kontoguthaben, Guthaben in Bausparverträgen und kapitalbildende Lebensversicherungen. Sachwerte sind selbstbewohnte oder fremdgenutzte Immobilien, Bauland, Aktien, Firmenbeteiligungen, Edelmetalle, Edelsteine, Kunstgegenstände und Sammelobjekte. Während Geldwerte in den letzten 20 Jahren nachweislich an Kaufkraft verloren haben, sind die meisten Sachwerte mit der Zeit im Wert gestiegen, weil sie nicht einfach vermehrbar, sondern nur begrenzt vorhanden sind. So steigen Gold- und Grundstückspreise wegen der begrenzten Verfügbarkeit des Edelmetalls und des Baulandes fast naturgesetzlich. Zudem bedarf es echter Arbeit, um einen Sachwert zu schaffen. Die Niedrigzinspolitik der Notenbanken hat auch Kunst als Kapitalanlage immer attraktiver gemacht. Bei vielen institutionellen Anlegern und vermögenden Privatanlegern ist Kunst als „Wertspeicher“ ein fester Bestandteil der Portfolio-Strategie geworden. Kunst gilt ganz allgemein als ein ethisch korrekter Sachwert mit solidem Wertsteigerungspotenzial.
Fine Art Invest Group (FAIG): Frank Pöllmann sieht in Kunstfotografien eine sichere Sachwertanlage
Von diesem Trend zur Vermögenssicherung durch exklusive Sachwerte will die in der Schweizer Gemeinde Baar ansässige Fine Art Invest Group AG profitieren. Vermögende auf der ganzen Welt sicherten seit jeher einen Teil ihres Vermögens durch die Anschaffung von Kunstwerken, erklärt sie. Kunst verzeichne dabei – losgelöst von den Kapitalmärkten – eine schwankungsarme Wertentwicklung. Die Fine Art Invest Group AG (FAIG) begreift sich als Kunsthändler und Kunstberater und will Privatpersonen mithilfe eines internationalen Netzwerkes von Kunstexperten den Einstieg in den Kunstmarkt ermöglichen. Dabei verspricht sie vollmundig einen Rundum-Service von der Beratung über den Kauf bis zur Versicherung und Einlagerung der Kunstwerke in einem Zollfreilager. Gemeinsam mit einem global agierenden Experten-Team würden die Kunstportfolios nach ganz individuellen Bedürfnissen zusammengestellt. Der Käufer werde dann Inhaber des Portfolios, das aus Kunstwerken international gehandelter Künstler mit großen Wertsteigerungschancen bestehe. Die Kunstportfolios sind ab 15.000 Euro zu erwerben und werden laut FAIG sachgerecht und versichert in einem staatlich gesicherten Zollfreilager eingelagert.
Die FAIG von Verwaltungsratspräsident Prof. Dr. Dr. Nikolai Rainov ist im internationalen Kunstmarkt mit Fokus auf der „Contemporary Photography“ aktiv, also der zeitgenössischen Fotografie ab dem Jahr 1950. Diesen Markt definieren künstlerische Qualitätskriterien von weltweiter Gültigkeit. „Um im Kunstmarkt langfristig erfolgreich zu agieren und Werthaltigkeit im Sinne einer attraktiven Kapitalsicherung zu schaffen, sind neben der Erfahrung vor allem Transparenz in der Bewertung, Fachkompetenz, Handelslogik und Handelsdynamik essentielle Voraussetzungen“, betont das Kunsthandelshaus aus dem Kanton Zug. Schon 1999 hat sich das Unternehmen auf den Bereich der Kunstfotografie spezialisiert und gibt an, über beste Kontakte zu Künstlern, Kuratoren, Galeristen, Sammlern, Händlern und Kunstsachverständigen zu verfügen. Ein Anlageausschuss mit renommierten Kunstexperten soll die Anleger bei der Auswahl aussichtsreicher Fotokünstler und deren Arbeiten unterstützen.
Warum man gerade in Produkte der Kunstfotografie investieren soll und nicht in Kunstsparten, die klassischerweise Unikate hervorbringen, kann die FAIG aus Sicht potenzieller Anleger nicht unbedingt schlüssig erklären. „Als neuere Kunstform ist die Fotografie bestens dokumentiert, d.h. die Anzahl der geschaffenen Kunstwerke ist bekannt und auch die Herkunft der Bilder ist testiert“, heißt es unternehmensseitig. „Kunstfotografie wird häufig in sogenannten Editionen aufgelegt, im Gegensatz zu Unikaten, die in den Bereichen Malerei oder Skulptur üblich sind. Edition bedeutet, dass ein Motiv in gleichen Größen und Qualität hergestellt wird, wodurch eine Preisfeststellung verbindlich erfolgen kann.“ Es würden nur kleine Auflagen von international gehandelten Künstlern berücksichtigt.
Am Beispiel des Kunstportfolios #2850 will die Fine Art Invest Group den Wertzuwachs eines Portfolios veranschaulichen. Das Portfolio #2850 umfasst 12 Fotografien von drei verschiedenen Künstlern und soll im Dezember 2010 einen Gegenwert von 50.000 Euro gehabt haben. Bis 2018 lag der erzielte Wertzuwachs angeblich bei 70 Prozent. Die zehn unspektakulären Schwarz-Weiß-Fotografien der Sammlung zeigen einen essenden Jungen, eine rauchende Frau, drei Männer mit Fahrrädern sowie Einzelporträts von Männern und Frauen in der Atmosphäre der amerikanischen 1950er-Jahre. Wie mit solchen Aufnahmen in weniger als zehn Jahren ein 70-prozentiger Wertzuwachs erzielt werden soll, bleibt vielen Bildbetrachtern sicherlich ein Rätsel. Vor allem stellt man sich die Frage, ob man für den Erwerb eines solchen Kunstportfolios mindestens 15.000 Euro ausgeben sollte.
In Wirklichkeit scheint es bei den Investments in zeitgenössische Fotokunst nicht um beeindruckende Renditen, sondern um bloße Kapitalsicherung zu gehen. So sagte Frank Pöllmann, Gründer und Vorstandsmitglied der Fine Art Invest Group, dass man als erster Anbieter überhaupt Kunstportfolios zur Kapitalsicherung aufgelegt habe: „Ausgangslage ist der Wunsch, eine langfristige sichere Anlage in einem Sachwert zu haben. Das treibende Bedürfnis ist Kapitalsicherung über einen langen Zeitraum. Dabei eignet sich gerade Kunst hervorragend zur steuerlichen ‚Verschonung‘ von Vermögen.“ In einem Interview auf die Frage der Renditen angesprochen, blieb Pöllmann bei seiner defensiven Argumentation: „Wir sind ein Kunsthandelshaus und keine Bank. Wir leben nicht von Versprechen oder möglichen Aussichten. Fakt ist, dass keines unserer Kunstportfolios in all den Jahren an Wert verloren hat. Insofern haben wir den Auftrag unserer Kunden zu 100 Prozent erfüllt – Kapitalsicherung.“ Das ist freilich etwas anderes als Kapitalvermehrung.
Doch auf die FAIG-Anleger können auch noch laufende Kosten zukommen, die immerhin geringer als jene für das Fondsmanagement ausfallen. Kunstfreund Frank Pöllmann räumte dazu ein: „Wir verkaufen zu Marktpreisen, ohne Agio oder anderen Zusatzkosten. Allgemein betragen die laufenden Kosten im Zollfreilager, für die sorgfältige Lagerung, die Versicherung und den kompletten Service und Administration gerade einmal 1,5 Prozent p.a. Selbstverständlich kann sich jeder Kunde sein Kunstportfolio auch ausliefern lassen, um auf die laufenden Kosten zu verzichten. Allerdings fällt dann die Mehrwertsteuer des jeweiligen Ziellandes an, und der Kunde ist selbst zu 100 Prozent für korrekte Lagerung und Versicherung seines Portfolios verantwortlich.“ Wie immer sollte jede Anlageentscheidung wohlüberlegt sein. Für das weithin unbekannte Feld der Kunstfotografie scheint das besonders zu gelten.