Linnéa Findeklee ist Kolumnistin des Meraner Morgen (Quelle: Meraner Morgen)
Linnéa Findeklee ist Kolumnistin des Meraner Morgen (Quelle: Meraner Morgen)

Ich will keine Quotenfrau sein!

Mitten in der Corona-Krise einigte sich die große Koalition in Deutschland auf eine festgelegte Quote von Frauen in Vorständen. Jetzt möchte auch die einst konservative CSU, die unter Markus Söder jedem Zeitgeist aufgeschlossen erscheint, die Quote unterstützen. 

Dorothee Bär, Digital-Staatsministerin einer Bundesregierung, der alles zuzutrauen ist, formuliert sogar den wirtschaftlichen Zwang zur Quote in der Wirtschaft so: “Wir müssen auch darüber diskutieren, ob staatliche Finanzierungsinstrumente, für die Steuergelder aufgewendet werden, nicht auch mehr Diversität und Chancengerechtigkeit sicherstellen müssen.“

Staatliche Umverteilung im Sinne des Zeitgeistes?

Was uns viele Feministinnen und professionelle Berufsfrauen, quer durch die Parteienlandschaft, als „Erfolg“ verkaufen wollen, ist in Wahrheit eine Bankrotterklärung. Die liberale Gesellschaft lindert damit allenfalls die Symptome ihres Leidens unter zu wenig Spitzenfrauen in Spitzenpositionen, die Ursachen behandelt sie nicht. 

Zu verdanken haben wir die Vaginalquote mal wieder dem 3rd-wave Feminismus. Was dem Horizont dieser Möchtegern-Feministen weit übersteigt ist der Fakt, dass eine Frauenquote genau das Gegenteil ist, wofür der Feminismus eigentlich kämpfen sollte. Die Quote ist weder fortschrittlich noch trägt sie zur Gleichstellung bei. Im Gegenteil. Die Frauenquote ist sexistisch! Denn im Grundgesetz steht, dass niemand wegen seiner Rasse, seiner Religionszugehörigkeit und seines Geschlechts bevorzugt oder benachteiligt werden darf.

Nun soll der Rassebegriff aus dem Grundgesetz und möglichst viele Männer aus den Vorständen verschwinden. Wer aber Frauen wegen ihres Geschlechts bevorzugt, muss damit zwangsläufig Männer auf Grund des ihren benachteiligen. Das hat mit Gleichberechtigung in etwa so viel zu tun wie Extinction Rebellion mit vernünftiger, ausgewogener Klimapolitik.

Frau als Opfer ihres Geschlechts?

Für eine selbstbewusste und eigenständige Frau ist die Frauenquote eine Beleidigung. Die Frau wird auf ihre Vagina und ihr weibliches Aussehen reduziert. Ihre Kompetenz und ihr Engagement stellt man in den Hintergrund. Durch die Frauenquote geht man davon aus, dass die Frau Opfer ihres Geschlechts ist, weshalb es einer besonderen Förderung bedürfe; weil sich die Frau alleine doch niemals gegen ihre männliche Konkurrenz durchsetzen könne. So zumindest das paradoxe Signal, das genau das Gegenteil aussagt von dem, was der Feminismus eigentlich erreichen will. Eine Quote für Frauen bevormundet die Frau nicht nur, indem sie sie von den wichtigsten Lebensentscheidungen bezüglich Familien- und Karriereplanung entbindet, sondern stiehlt ihr ein Stück ihrer Integrität und ihres Stolzes. Sie lässt jeden noch so hart erarbeiteten und individuell erreichten Erfolg einer Frau unverdient und damit weniger wertvoll erscheinen als den eines Mannes.

Säen von Missgunst und Neid

Es mag Frauen geben, die auf die Frauenquote spekulieren, um einfacher Karriere machen zu können. Davon gibt es viel zu viele, auch in der CDU, von der CSU sprachen wir bereits. Das sind Frauen, die weniger leisten als ihre männlichen Kollegen, aber auf Grund einer Frauenquote ihre Beförderung einfordern. Genau diese Frauen werden durch eine Frauenquote unterstützt. Die „Quotenfrau“ wird somit zur universell einsetzbaren Diskreditierung, die Männer immer dann verwenden können, wenn eine Frau sie karrieremäßig übertrumpft. Auch dann, wenn sie tatsächlich ganz einfach besser war als der Kollege. Alles was die feministische Politik also mit dieser Quote erreicht, ist das Säen von Missgunst und Neid, sowie eine noch tiefere Spaltung zwischen den Geschlechtern, anstatt sie harmonisch zusammenzubringen.

Die deutsche Illustrierte STERN trieb es derweil sogar so weit, ein Titelbild mit Annegret Kramp-Karrenbauer, Familienministerin Franziska Giffey, dem in die Jahre gekommenen It-Girl Palina Rojinski und vielen anderen Frauen aus Politik und Fernsehen unter der Überschrift „Wir sind Quotenfrauen“ abzudrucken. Das Ziel ist klar: Man möchte das Bild der Quotenfrauen positiv belegen. Mag gut sein, dass einige dieser Frauen Quotenfrauen sind, aber um des positiven Bildes Willen hätte man doch besser andere Frauen als Cover-Quotengirls wählen sollen. Abgesehen davon hätte aber auch ein Foto mit den smartesten und sympathischsten Frauen der Welt nichts an dem negativen Bild ändern können, das die Vorstellung von der Spitzenfrau, die es nur auf Grund ihres Geschlechts in ihre Position geschafft hat, nun einmal vermittelt.

Dass sich unter den stolzen Quotenfrauen auch die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer befindet, ist besonders peinlich und fatal. War das dumpfe Vorurteil von der schwachen und unbeholfenen Frau, die bei der Bundeswehr einfach nichts verloren hat, selbst auf den herbe belegtesten Männerstuben eigentlich längst weitgehend ausgestorben, dürfte es Frau Ministerin mit ihrem Statement gründlich wiederbelebt haben. 

Man könnte den Jungs noch nicht einmal einen Vorwurf machen. „AKK“ hat die Befehls- und Kommandogewalt über die deutschen Streitkräfte, ist Vorsitzende einer Regierungspartei und das, ihren eigenen Angaben nach, vor allem weil sie eine Frau ist. Unsere armen Soldaten. Kein Wunder, dass der offizielle Account der Bundeswehr auf Twitter einen Tweet geliked hat, der da lautete: „Frau Minister @akk ist eine Quotenfrau, da kann man intelligente Entscheidungen nicht erwarten.“ Der Like wurde zurückgenommen, der stille Hilferuf bleibt. 

Die Vaginal-Quote

Das Grundanliegen, Frauen in ihrer Karriere zu unterstützen, ist richtig und wichtig. Aber durch eine Quote werden Frauen nur als Kollektiv gesehen, nicht als Individuum. Statt individuell auf Bedürfnisse der Frau auf ihrem Karriereweg einzugehen, um sie zu fördern, legt man eine Frauenquote fest, um sie auf Biegen und Brechen in den Vorstand zu katapultieren. Das ist reine Symbolpolitik, die nicht tief genug greift.

Für die Unternehmen kommt der in einem Gesetz festgeschriebene Anteil an Frauen in Unternehmensvorständen einer Bevormundung durch den Staat und der Unterstellung vom permanenten Sexismus gleich. Ab jetzt wird sich die beförderte Frau immer fragen müssen: „Wurde ich wegen meiner Qualifikation in den Vorstand befördert oder weil der Arbeitgeber eine Quote erfüllen muss?“

Das Prinzip Vagina-Quote ist demütigend und greift zudem zu kurz, wenn es darum geht, echte Talente zu fördern. Stattdessen sollte man die richtigen Mechanismen in Gang setzen, um Frauen wie auch Männer von Anfang an in ihrer Karriere zu unterstützen. Bessere Kinderbetreuung, flexibler Elternurlaub für Mutter und Vater und Unterstützung der Eltern bei Wiederaufnahme der Tätigkeit nach der Elternzeit könnten hier die Mittel der Wahl sein. Familie und Beruf müssen für Eltern besser vereinbar sein und die Elternzeit, abseits des Berufs, darf nicht länger als Karrierekiller gelten.

Wirtschaftlich gesehen ist die beschlossene Frauenquote in den Vorständen ein erheblicher Eingriff in Wettbewerb und Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Kurz: die Vorstandsquote ist leistungsfeindlich! In Zukunft werden Vorstandmitglieder nicht mehr rein aus Kompetenz und Qualifikation eingestellt, was natürlich Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Vorstandes hat. Ein Rückschritt in der Gleichstellung ist es obendrein. Denn die beschlossene Frauenquote zwingt nun, bei Auswahlverfahren explizit auf das Geschlecht zu achten. Nicht zu vergessen ist, dass Frauen oft andere Prioritäten haben als Männer. Nicht jede Frau will in den DAX-Vorstand. Diese Entscheidungen gehören zum Leben und müssen nicht durch den Staat im Nachhinein „ausgebügelt“ werden. Dass dieser politisch inszenierte Wahnsinn ganz sicher der Sozialen Marktwirtschaft widerspricht, die ihre Leistungskraft auch ganz sicher aus der Auslese durch Wettbewerb erhält, kann nur von Sozialisten anders interpretiert werden. Der Nationalökonom Alfred Müller-Armack (1901-1978), der der entscheidende Ideengeber einer Sozialen Marktwirtschaft für Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg war, hätte die Interessen von Frauen, aber nie eine Quote verstanden. Aber was soll’s: Neuerdings wird die Soziale Marktwirtschaft eh nicht mehr als Markenkern der CDU verstanden. Und die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock schreibt jene Soziale Marktwirtschaft politisch irrend bereits der SPD zu. So dieser Tage geschehen. Wild!

Dabei brauchen wir mehr Wettbewerb. Wenn der Staat erst beginnt, Karrieren nach Quoten zuzulassen oder gar zuzuteilen, enden wir in einer spätsozialistischen Ständegesellschaft. Denn am Ende ist die Frauenquote nicht nur ineffektiv, sondern sogar kontraproduktiv. Diese steht zudem im Gegensatz zu den Werten unserer Gesellschaft, die jedem gleiche Rechte und Chancen einräumt.

Gleichberechtigung wird in der Erziehung unserer Kinder mitgegeben

Gleichstellung und Gleichberechtigung können nicht einfach durch ein Gesetz vom Staat vorgeschrieben werden. Gleichberechtigung wird in der Erziehung unserer Kinder mitgegeben und so in unsere Gesellschaft getragen. Die Gleichstellung erwächst aus der Kultur des Landes und den in der Familie vermittelten Idealen. Nicht durch eine Quote. Der Schlüssel zu jeder vernünftigen Entwicklung ist daher die Bildung. Der Staat muss seinem Nachwuchs Bildungsangebote unabhängig von der wirtschaftlichen Herkunft machen. Unter Bildung ist natürlich klassische Bildung zu verstehen: Lesen, schreiben, rechnen, Naturwissenschaften. Gender-Theorien und sozialistische Gleichmacherei sind hierzu nicht zu zählen.

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