Vaduz – Vor allem durch den Zuzug junger Menschen wachsen die deutschen Großstädte mit der Folge, dass in den beliebten Metropolen immer weniger Wohnfläche pro Person zur Verfügung steht. Die wachsende großstädtische Bevölkerung hat in den letzten Jahren den Druck auf den deutschen Wohnungsmarkt deutlich erhöht: 2018 lebten in Deutschland 2,5 Millionen Menschen mehr als noch 2012. Die Großstädte verzeichneten besonders hohe Zuwächse, vor allem Leipzig (plus 12,9 Prozent), Frankfurt am Main (plus 9,5 Prozent) und Berlin (plus acht Prozent). Dr. Georg Thiel, Präsident des Statistischen Bundesamtes, sagte bei einer Pressekonferenz im Dezember 2019: „Junge Menschen im Alter von 20 bis 40 Jahren zieht es in die Metropolen. In den Jahren 2013 bis 2018 zogen im Saldo 1,2 Millionen Menschen in die kreisfreien Großstädte. Bei den Menschen ab 40 Jahren sieht die Entwicklung anders aus: Unter dem Strich zogen im Saldo 120.000 Menschen dieser Altersgruppe aus den Großstädten weg.“
Immobilienbestände werden von der Capiterra Group GmbH verwaltet
Insgesamt hat sich damit der Bedarf an Wohnraum in den Städten deutlich erhöht. Die steigende Nachfrage führt in fast allen Ballungsräumen zu einem Baustau und zu steigenden Preisen. 2019 lebten hierzulande 11,4 Millionen Menschen in durch ihre Wohnkosten überlasteten Haushalten – das entspricht 14 Prozent der Bevölkerung. Von einer Überbelastung durch Wohnkosten wird dann gesprochen, wenn ein Haushalt mehr als 40 Prozent seines verfügbaren Einkommens für das Wohnen ausgibt, egal, ob die Betroffenen zur Miete oder in den eigenen vier Wänden leben.
Der Wohnraummangel führt dazu, dass Menschen in den sieben größten Städten Deutschlands – also in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf – immer näher zusammenrücken müssen. Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person nahm hier zwischen 2010 und 2018 um 1,7 auf 39,2 Quadratmeter ab. „Als mögliche Folge daraus gewinnen in den sieben größten Städten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern mit zehn und mehr Wohnungen an Bedeutung: Ihr Anteil bei den Eigentümerwohnungen im ‚Neubau‘ ab 2011 stieg um 15 Prozentpunkte auf 39 Prozent, bei Mieterwohnungen auf 72 Prozent (plus 14 Prozentpunkte)“, teilte das Statistische Bundesamt mit.
Man könnte glatt annehmen, dass der Immobilienunternehmer Birger Dehne diese Entwicklung schon vor vielen Jahren vorausgesehen hat und deshalb bereits in jungen Jahren in Mehrfamilienhäuser mit acht bis 20 Wohnungen investierte. Beginnend mit einem Mehrparteienhaus baute er in 20 Jahren ein regelrechtes Immobilien-Imperium auf, das heute Wohnanlagen und ganze Wohnviertel umfasst. Dem umtriebigen Niedersachsen gehören deutschlandweit Tausende Gebäude. Am Anfang der atemverschlagenden Karriere als Self-made-Unternehmer stand die Erkenntnis, dass Investoren ein sträfliches Desinteresse an Mehrfamilienhäusern und Wohnanlagen zeigen. Diese Einsicht gewann der junge Dehne 1993 während eines Schulpraktikums bei einer Immobilienfirma. In den Karteikästen waren unzählige unverkäufliche Objekte vermerkt. „Ich konnte nicht verstehen, wieso niemand in vermietete Immobilien mit einem stabilen, sicheren Mietertrag investieren wollte und habe damals als Schüler nachgerechnet, wie viele Mehrfamilienhäuser ich erwerben müsste, um davon gut leben zu können“, erläuterte Dehne in einem Interview.
Aber wie sollte er das Startkapital für den ersten Immobilienerwerb auftreiben? Schon in seinem ersten Semester als Student der Betriebswirtschaftslehre gründete er ein Unternehmen, das rasch auf mehr als 100 Beschäftigte anwuchs. Eingebettet in ideenreiche Marketing-Konzepte bot er alte Kraftwerke und Bahnhöfe als exklusive Event-Locations an und verdiente damit gutes Geld. Während andere in Aktien investierten oder das Geld mit recht hohen Tagesgeldzinsen bei den Hausbanken anlegten, kaufte Dehne Mehrfamilienhäuser mit bis zu 20 Wohnungen und setzte damit auf krisensicheres „Betongold“.
Der teils hohe Sanierungsbedarf schreckte den Immobilien-Enthusiasten nicht ab, weil er um das langfristige Renditepotenzial von Wohnraum in B- und C-Lagen wusste. Die Investitionen in diese Gebäude verstand er auch als Beitrag zu einer nachhaltigen Quartiersentwicklung und zur Aufwertung von Stadtvierteln. Ziel des Aufkaufs meist älterer Mehrfamilienhäuser und Wohnanlagen sei es nie gewesen, diese in Luxusimmobilien umzuwandeln und die bisherigen Mieter zu vergraulen, unterstrich Birger Dehne auf Nachfrage. Ihm gehe es vielmehr darum, ordentlichen und bezahlbaren Wohnraum in sozial intakten Quartieren anzubieten.
Die Preise, zu denen er nach der Jahrtausendwende seine ersten Objekte erwarb, erscheinen nach Jahren des Immobilienbooms fast unwirklich niedrig und haben sich nicht selten verzehnfacht. Seine ersten Mehrfamilienhäuser, die er für 180.000 bis 200.000 Euro kaufte, sind heute jeweils über zwei Millionen Euro wert. Ähnliches gilt für Wohnungsunternehmen: Kaufte er solche 2014 noch für zehn Millionen Euro, werden sie heute für 100 Millionen und mehr gehandelt. Zu den Marktentwicklungen der letzten Jahre sagt der norddeutsche Immobilien-Tycoon: „Heute stehen kaum noch lukrative Wohnanlagen oder Wohnungsunternehmen zum Verkauf. Der Markt hat sich tatsächlich völlig verändert. Das umfassende, durch niedrige Zinsen und mangelnde Anlagealternativen in den Wohnungsmarkt geflossene Kapital der Staatsfonds, Pensionskassen und Private-Equity-Investoren absorbiert die wenigen Portfolios, die überhaupt noch verkauft werden, zu maximalen Preisen. Während Ende der 1990er-Jahre bis 2004 niemand Anlageimmobilien kaufen wollte, möchte sich heute kaum jemand mehr von dieser Assetklasse trennen.“
Dehne erkannte nicht nur rechtzeitig das Ertragspotenzial von Wohnanlagen und Mehrfamilienhäusern, sondern auch den demografischen Sog der wirtschaftsstarken Großstädte, der den örtlichen Wohnraum verknappte. Gleichzeitig hatte er die Ahnung, dass die fortschreitende Digitalisierung eine klassische Landflucht in die Großstädte mit ihrem großen Arbeitsplatzangebot überflüssig machen könnte. Dafür prägte er vor über 15 Jahren den Begriff der „reziproken rural-urbanen Migration“. Was kompliziert klingt, meint einfach nur, dass Arbeitsplätze durch die Digitalisierung mobiler werden und schon in Vor-Corona-Zeiten immer mehr Homeoffice-Arbeit möglich ist. Auch der Zugang zur Bildung ist nicht mehr auf städtische Universitäten fokussiert, sondern hat durch das Digitale einen zunehmend ortsunabhängigen Charakter bekommen. Dehne schlussfolgert daraus: „Es ist nicht mehr notwendig, in teuren, lauten und mit hoher Kriminalität belasteten Großstädten zu wohnen, sondern man wohnt dort, wo es lebenswert ist und junge Familien ihre Kinder im Grünen spielen lassen können.“
Die Folge der „reziproken rural-urbanen Migration“ ist eine dauerhafte Veränderung der Wohnlagen: Schon jetzt steigt die Wohnraum-Nachfrage in den sogenannten D-Lagen zulasten der völlig überteuerten A-Lagen. Wegen neuer digitaler Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten wird künftig niemand mehr eine überteuerte und kleine Wohnung in der A-Lage mieten müssen. Dem trägt der 42-Jährige mit seiner Angebotspolitik für bodenständige, finanzierbare Wohnlagen bereits jetzt Rechnung. Von seinem Single Family Office im liechtensteinischen Vaduz aus leitet er die Capiterra Group GmbH, die sein Vermögen und seine Immobilienbestände verwaltet.